Kommunalwahlen auch für Menschen mit Sehverlust barrierefrei
Bei den Kommunalwahlen am 13. September werden blinde und sehbehinderte Menschen in Nordrhein-Westfalen zum ersten Mal flächendeckend barrierefrei an den Kommunalwahlen teilnehmen. So steht es im Gesetz. Aber was bedeutet das praktisch?
Gemeinsam mit den Blinden- und Sehbehindertenvereinen in NRW haben die Kommunen Hilfestellungen für Menschen mit Sehverlust entwickelt, die es ihnen erlauben, ihre Stimmen bei der Kommunalwahl selbstständig, frei und geheim abzugeben. Das funktioniert so: Damit Menschen mit Sehverlust wissen, wo sie die Kreuze setzen müssen, um ihre Kandidatinnen und Kandidaten zu wählen, erhalten sie auf Wunsch ein kostenloses Wahlhilfepaket mit einer Wahlschablone. Die Stimmzettel werden bei der Wahl in diese Schablone eingelegt. Über die nummerierten Öffnungen kann dann leicht bei den gewünschten Kandidaten oder Parteien ein Kreuz gemacht werden. Wie das genau funktioniert, erläutert eine CD, die ebenfalls in dem Wahlhilfepaket enthalten ist.
Welche Kandidatin oder welcher Kandidat sich hinter den einzelnen Öffnungen verbirgt, verraten akustische Stimmzettel. Dazu haben die Städte und Gemeinden im Kreisgebiet mit Unterstützung des Blinden- und Sehbehindertenvereins Westfalen für jeden der 222 Gemeinde-Wahlbezirke 0800er-Nummern eingerichtet, unter denen alle Stimmzettel, die der betreffende Wähler ankreuzen kann, von einer Computerstimme vorgelesen werden. Wer z.B. zum Wahlbezirk 040 in Gütersloh gehört, kann sich so den Stimmzettel für die Ratswahl im diesem Wahlbezirk, den Stimmzettel für die Bürgermeisterwahl in Gütersloh sowie die Stimmzettel für den Kreiswahlbezirk 127 und die Landratswahl im Kreis Gütersloh anhören. Es werden alle Angaben zu Kandidaten und Parteien vorgelesen. Zwischen diesen Einträgen und den Stimmzetteln kann auch mit den Zifferntasten des Telefons gesprungen werden. Die Anrufenden können sich die Ansage mehrfach anhören. Die Rufnummern sind täglich 24 Stunden erreichbar.
Warum die ‚appe Ecke‘ und die Lochungen bei den Stimmzetteln? Die Absicht des Landesgesetzgebers, Menschen mit Sehverlust eine selbstständige, freie und geheime Wahl zu ermöglichen, kann jedoch nur dann funktionieren, wenn die Stimmzettel dafür entsprechend beschaffen sind. Damit die Menschen mit Sehverlust, die ein Wahlhilfepaket bei den Blinden- und Sehbehindertenvereinen erhalten haben, die übersandte Stimmzettelschablone nutzen können, müssen alle Stimmzettel der Kreise, Städte und Gemeinden für die über 7.000 Wahlbezirke bei den Kommunalwahlen auch in diese Schablone passen. Das heißt, sie müssen ein landesweit einheitliches Layout einhalten, da nur so die Löcher in der Schablone auch passgenau über den Ankreuzkreisen der Stimmzettel liegen.
Allerdings müssen die Menschen mit Sehverlust die Stimmzettel auch richtig einlegen und der betreffenden Wahl auch richtig zuordnen können. Damit sie die Stimmzettel richtig herum in der Stimmzettelschablone platzieren können, wurde bei den Stimmzetteln die rechte obere Ecke abgeschnitten. Da es bei den Kommunalwahlen zudem mehrere Stimmzettel gibt, muss auch zu ertasten sein, um welchen Stimmzettel es sich handelt: Während der Stimmzettel für die Ratswahl keine Lochung aufweist, haben die Stimmzettel zur Bürgermeisterwahl an der unteren Kante ein Loch und die Stimmzettel zur Kreistagswahl dort drei und zur Landratswahl vier Löcher. Alle Stimmzettel bei den bevorstehenden Kommunalwahlen wurden in dieser Form produziert, da den Wahlbehörden, die ihr Wählerverzeichnis nach dem Einwohnermelderegister aufbauen, nicht bekannt ist, welcher Wahlberechtigte einen Sehverlust hat, und – noch wichtiger – eine Ausgabe derartig produzierter Stimmzettel nur an diesen Personenkreis auch das Wahlgeheimnis verletzen würde.
(Text- und Bildquelle: Referat Presse – Kreis Gütersloh)