Kreis GT Jobcenter-Dezernent Fred Kupczyk geht in den Ruhestand: „In der Krise zeigt sich die Leistungsfähigkeit einer guten Verwaltung“

Geschenke und Blumen für den scheidenden Dezernenten Fred Kupczyk (r.) von Landrat Sven-Georg Adenauer in der Kreistagssitzung am 25. November (Foto: Kreis Gütersloh).

Mit Blick auf die aktuelle Lage kann Fred Kupczyk rückblickend auch den Krisen, die ihn sein Berufsleben begleitet haben, etwas Positives abgewinnen: „Mich macht es optimistisch: Wir hatten immer schon Krisen und haben uns dann stets auf ein anpackendes Team verlassen können und uns glücklicherweise auch dank einer starken Wirtschaft erholt. In der Krise zeigt sich die Leistungsfähigkeit einer guten Verwaltung.“ Der Dezernent für das Jobcenter des Kreises Gütersloh war bereits am Montag, 25. November, offiziell im Kreistag durch Landrat Sven-Georg Adenauer verabschiedet worden. Zum Jahresende geht Kupczyk in den Ruhestand.  Am Mittwoch, 18. Dezember, hatte er seinen letzten Arbeitstag.

Nur wenige Monate konnte Kupczyk den Ausblick aus seinem neuen Büro im Kreishaus II genießen. Und dennoch schließt sich für ihn, den alle beruflich mit dem Jobcenter verbinden, ein großer beruflicher Bogen: Vom ersten Arbeitsvermittler, den er 1997 zusammen mit Rolf Erdsiek eingestellt hat, zum Chef eines modernen Dienstleisters mit über 250  Kolleginnen und Kollegen an drei Standorten im Kreisgebiet. Kupczyks Dezernat hat bei der elektronischen Akte Pionierarbeit geleistet und hat eine App für die Bürgerinnen und Bürger entwickelt, über die sie auch Dokumente einreichen können. Und auch die Erklärvideos für das Bürgergeld und das Bildungs- und Teilhabepaket reihen sich in diese Liste ein. Die werden inzwischen in rund 90 Jobcentern bundesweit genutzt. Kupczyk hatte immer Visionen und Ideen, ging immer gerne voran. Damals, bei der Einstellung des ersten Arbeitsberaters schon dabei: Sein Dauer-Wegbegleiter im Dienst, Rolf Erdsiek, heute Abteilungsleiter im Jobcenter. „Der Berater hat damals seinen Twingo hinter dem Haus hervorgeholt, hat den Kandidaten auf den Beifahrersitz gesetzt und sie sind zum Betrieb gefahren.“ Der Anekdote ging die Anweisung des damaligen Oberkreisdirektors an Kupczyk voraus, er möge sich mal die „Sozialleistungen ansehen“. Stichwort Krise: Es gab damals viele Spätaussiedler, die in die Bundesrepublik kamen. Sie alle bekamen kein Arbeitslosengeld, sondern Sozialhilfe, weil sie in Polen oder in der Sowjetunion nicht in die Sozialversicherung eingezahlt hatten. Und standen damit gewissermaßen nach ihrer Ankunft vor Kupczyks Schreibtisch.

Ordnungsamt, Büro des Kreistags, Wirtschaftsförderung, sogar Leiter der Abteilung Bildung für ein Jahr – Fred Kupczyk hatte eine Reihe unterschiedlicher Stationen beim Kreis Gütersloh, seit er 1980 seine Ausbildung begann. In dem offiziellen Vermerk zu seiner Verabschiedung aus der Kreisverwaltung steht unter Arbeitsschwerpunkte lediglich „Sein zweiter Name ist Jobcenter.“ Das verkürzt rund 45 Jahre Berufsleben arg, zeigt aber, warum das neue Kreishaus II auch JFK – Jobcenter Fred Kupczyk – genannt wird. Im Ordnungsamt hatte Kupczyk seine erste Sachbearbeiterstelle, war zuständig für Jagd, Fischerei und die Handwerksordnung inklusive Schwarzarbeit. Im Büro des Kreistags organisierte Fred Kupczyk die Sitzungen des Kreistags mit – vor Ort in den Rathäusern. Die Kreispolitik tingelte damals durch die Kommunen mangels eines eigenen Sitzungssaals. Nach Ordnungsamt und Büro des Kreistags wechselte Kupczyk, der in Halle/Westf. lebt, zur Wirtschaftsförderung und wurde ihr Leiter. Eine Aufgabe nahm er mit: Die Partnerschaft mit Hoyerswerda. Nach der Wiedervereinigung hatte Nordrhein-Westfalen eine Patenschaft für das Land Brandenburg übernommen, der Kreis Gütersloh sollte damals Hoyerswerda beim Aufbau der Verwaltung helfen. Hoyerswerda, heute Teil von Sachsen, gehörte damals zu Brandenburg. Nach den ausländerfeindlichen Ausschreitungen 1991 in der Stadt in der Oberlausitz war die Partnerschaft des Kreises schnell Geschichte. 

Mit der Übernahme der Leitung der Abteilung Arbeit und Soziales 1995 fand Kupczyk seine Bestimmung, die ihn bis zur Pensionierung nicht mehr loslassen sollte. „Ich hatte immer ein tolles Team“, sagt Kupczyk rückblickend. Und nennt als Beispiel Stefan Susat, damals in der Fachaufsicht, heute Leiter des Jobcenters im Kreis Lippe, Henning Matthes, damals im Bereich Pflege tätig, heute erster Beigeordneter der Stadt Gütersloh, und Judith Schmitz, Leiterin Abteilung Soziales, um nur einige Ehemalige zu nennen, die inzwischen Führungspositionen bekleiden. „Bei solchen Mitarbeitern konnte ich mich gegen den Erfolg gar nicht wehren.“ Damals seien die Berichtspflichten und die Bürokratie noch nicht so überbordend gewesen. „Wir haben Millionen von D-Mark eingespart, weil wir die Menschen in Arbeit gebracht haben. Einladen, besprechen, vermitteln, Leistungen einstellen.“

Mit der Einführung von Hartz-IV kam der große Umbruch: Am 1. Januar 2005 wurde die Arbeitsgemeinschaft zusammen mit der Agentur für Arbeit gegründet, die GT aktiv gGmbH. Die Geschäftsführung wechselte turnusgemäß nach fünf Jahren zur Agentur für Arbeit, Kupczyk wurde 2010 Abteilungsleiter Bildung. Die Phase währte nicht lange, der Kreis Gütersloh stellte den Optionsantrag, also die alleinige Verantwortung für das, was man heute unter dem Jobcenter kennt. Kupczyk wurde 2011 ihr Chef, das Jobcenter ein Dezernat der Kreisverwaltung. Das hätten vermutlich nur die Wählerinnen und Wähler verhindern können: 2009 trat das CDU-Mitglied in seiner Heimatstadt Halle (Westf.) gegen die Amtsinhaberin Anne Rodenbrock-Wesselmann (SPD) an und holte mit 37,5 Prozent – das, wie er selbst sagt, beste Herausforderer-Ergebnis.

Und die Lage im Jobcenter Ende des Jahres 2024: Aktuell zeigt die Vermittlungsoffensive Wirkung, berichtet Kupczyk. 18 Prozent mehr Arbeitsmarkt-Integrationen verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Aber die Bäume wachsen nicht in den Himmel. In der jüngst wieder aufgeflammten Diskussion ums Bürgergeld hat der Jobcenter-Leiter stets deutlich Stellung bezogen: „Es gibt Menschen, die sind nicht oder nur sehr begrenzt in der Lage zu arbeiten. Und wenn die sich nicht selbst finanzieren können, brauchen sie Bürgergeld.“ Er hält die Definition von Erwerbsfähigkeit für einen Fehler im System. Wer mindestens drei Stunden am Stück arbeiten könne, gelte als erwerbsfähig. Aber den schwer übergewichtigen Mann oder den traumatisierten Flüchtling stelle niemand ein. Und wer alleinerziehend sei, könne nicht morgens um 6 Uhr anfangen zu arbeiten oder die Schicht bis 18 Uhr machen. „Bürgergeldbezieher – der Begriff ist viel zu plakativ für eine Lösung.“

 

(Text- und Bildquelle: Referat Presse – Kreis Gütersloh)

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