Die gute Nachricht vorab: Ja, man darf sich freuen, eine Natur-Ersatzfläche für ein Windrad im Dreieck zwischen Bokel, Benteler und Moese wurde angelegt. Zuerst ist die Rohrweihe (ein heimischer Greifvogel) inspizieren gekommen und dann hat sie sogar in der Gegend gebrütet. Mit Erfolg.
Die Freude wird geteilt von Peter Wernz und Hubert Leiwes. Beide sind aktiv in der Rhewie-Windgenossenschaft in Rheda Wiedenbrück. Leiwes – im Hauptberuf vielen als Kaffeeröster bekannt – war schon bei der Gründung dabei. Er will zeigen, dass erneuerbare Energien der wirtschaftlich und ökologisch sinnvollste Weg der Energiewende sind. Von „friedlich Energie erzeugen“, wird er später im Gespräch reden. Er findet, dass Erneuerbare in Bürgerhand gehören und demokratisch und gemeinschaftlich umgesetzt werden können.
Da die Rohrweihe immer wieder auf den Ackerflächen um das geplante Windrad brütete, wurde eine Maßnahme erforderlich. Denn Rohrweihen sind kollisionsgefährdet, das heißt, es besteht die Gefahr, dass sie von den drehenden Rotoren des Windrades verletzt oder getötet werden. Geeignet erschienen einerseits die Herstellung eines Bruthabitats zur Ablenkung oder andererseits zeitweise Abschaltungen. Die Rhewie hat sich entschieden, ein zirka 7.000 Quadratmeter großes Gelände zu pachten und nach einem Warendorfer Konzept zum Rohrweihenbrutplatz umzugestalten. „Dafür bin ich kalte Klinken putzen gegangen“, sagt Leiwes.
Auf der Maßnahmenfläche kann die Rohrweihe (Name!) nun das Nest in einem Röhricht bauen. Sie legt, wie alle Weihen, einen Bodenhorst an. Bei Ackerbruten wird es für die Rohrweihe bedrohlich, wenn zum Zeitpunkt der Getreideernte die Jungvögel noch nicht ausgeflogen sind. Sind die jeweiligen Neststandorte bekannt, kann mit den Landwirten eine Vereinbarung getroffen werden, dass sie den Brutplatz nicht ausmähen, sondern Rücksicht auf die Brut nehmen. Am neuen Nistplatz werden weder drehende Rotoren noch landwirtschaftliche Geräte mehr zur Gefahr: Die Rohrweihe hat nun einen sicheren Brutplatz umgeben von feuchter Hochstaudenflur und Röhricht – im ‚Ablenkhabitat‘. So nennt Marina Strickmann von der unteren Naturschutzbehörde die Ersatzfläche. Sie freut sich, dass ein Weihenpaar dort sein Revier hat. Auch ihrer Meinung nach ist es gut, wenn Windräder sich – natürlich unter Beachtung des Artenschutzes – drehen. „Je mehr abgeschaltet wird, desto mehr Anlagen braucht man um die gleiche Menge an Strom zu erzeugen“, sagt die Fachfrau, die in der Behörde für Windenergie und Artenschutz zuständig ist.
Rohrweihen beobachten – Es lohnt sich, die Augen offen zu halten, wenn man mit dem Rad in der offenen Landschaft unterwegs ist. Die Rohrweihe ist auffällig durch ihre markant V-förmige Flügelstellung, die an einen weihenden Priester erinnert. Sie gleitet auf der Suche nach Beute niedrig über dem Boden durch die Luft. Dabei hält sie Ausschau nach Wühlmäusen und Maulwürfen, Feldmäusen, Kleinsäugern, Vögeln und sogar Insekten. Das Männchen ist mit seinem oberseits bunterem, zentral braunem Gefieder, hellblauen Flügel- Schwanzbereichen und schwarzen Flügelspitzen gut von anderen Weihenarten zu unterscheiden. Das Weibchen erscheint überwiegend braun mit kontrastreich abgesetztem hellem Scheitel und Kehle. Die Greifvögel erreichen eine Flügelspannweite von 1,25 Metern.
„Sichtungen dürfen gerne bei der unteren Naturschutzbehörde oder den Biostationen gemeldet werden. Dies dient dazu, ein genaues Bild vom Vorkommen und von Wanderungsbewegungen zu haben“, sagt Strickmann. Sie weiß, wer im April draußen unterwegs ist, kann schon Rückzügler beobachten, die am Mittelmeer oder in Westafrika überwintert haben. Sie nutzen häufig unsere Naturschutzgebiete als Trittsteinbiotope auf ihrem jährlichen Weg von Süden nach Norden und umgekehrt. Momentan bestehe die Chance ein brütendes Paar zu beobachten, meistens in der Nähe von Gewässern. Das Flugspiel dieser, unserer größten Weihe zu beobachten, ist besonders, vor allem dann, wenn das Weibchen nach einem Senkrechtstart vom Horst dem Männchen entgegenfliegt und in der Luft akrobatisch die von ihm gelieferte Beute übernimmt. Ein Tipp aus der Abteilung Umwelt des Kreises: Geführte Exkursionen von Verbänden und Biostationen sind interessant für Leute, die mehr Arten kennenlernen möchten. Oft werden speziell für Familien mit Kindern Angebote gemacht.
(Text- und Bildquelle: Referat Presse – Kreis Gütersloh)