Negativzinsen clever vermeiden – Höhere Summen auf dem Girokonto kosten Geld. Thomas Hentschel von der Verbraucherzentrale NRW beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Anlage-Alternativen.
Zinsen für Geld auf dem Konto – das ist schon lange Mangelware. Stattdessen kostet eine höhere Summe sogar Geld, denn immer mehr Banken und Sparkassen erheben Verwahrentgelte, auch bekannt als Negativzinsen. Derzeit sind es rund 500 Geldinstitute, die teilweise bereits ab einem Guthaben in vierstelliger Höhe solche Gebühren berechnen. Das bedeutet einen realen Wertverlust und ist nach Ansicht der Verbraucherzentralen unzulässig. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat deshalb Klagen gegen verschiedene Kreditinstitute erhoben. Erste positive Urteile aus Verbrauchersicht sind aber noch nicht rechtskräftig. Deshalb erklärt Thomas Hentschel, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale NRW, wie man Zusatzkosten für Guthaben geschickt vermeidet. Direkte Angebote der Banken und Sparkassen zu einer Umschichtung des Vermögens sollten Betroffene in jedem Fall gut prüfen, denn sie lohnen sich mitunter mehr für das Geldhaus als für die Sparer:innen.
Wie viel Geld sollte man auf dem Girokonto haben?
Zum Sparen oder Horten größerer Geldbeträge sind Girokonten nicht die richtige Wahl, gerade auch in diesen Zeiten. Ein bis zwei Monats-Nettoeinkommen sollten aber idealerweise vorhanden sein, um auch unvorhergesehene Rechnungen etwa für Reparaturen begleichen zu können. Für die Abwicklung des alltäglichen Zahlungsverkehrs sind Girokonten außerdem unerlässlich – Kartenzahlung im Supermarkt, Daueraufträge für die Miete und Überweisungen von Lohn- und Rentenzahlungen gehen nicht ohne.
Welche risikolosen Alternativen gibt es zum Girokonto?
Die Zeiten höherer Zinsen sind seit etwa zehn Jahren vorbei. Aktuell zehrt zudem die stark gestiegene Inflation am Vermögen. Das bedeutet: Bei einem aktuell mit 0,35 Prozent „gut“ verzinsten Tagesgeldkonto als sichere Anlage ist der Realzins deutlich im Minus. Auf Festgeldkonten bekommt man je nach Anlagezeitraum etwas mehr Zinsen, bindet sich aber auch für den Zeitraum und ist bei steigenden Zinsen nicht flexibel. Trotzdem sind dies für Sparer:innen, deren Sicherheitsbedürfnis an erster Stelle steht, die einzigen Alternativen. Vorsicht ist auf der Suche nach etwas mehr Zinsen geboten: Geachtet werden sollte auf den Bankensitz in der EU. Nur dann sind die Einlagen bis 100.000 Euro bei einer Bankpleite abgesichert.
Möglich ist natürlich auch, zu einer Bank mit höheren Freibeträgen für Verwahrentgelte zu wechseln oder das Geld entsprechend den Freibeträgen auf Girokonten bei unterschiedlichen Banken zu verteilen.
Wie sollte man mit Alternativangeboten der Banken und Sparkassen umgehen?
Anhören kann man sich die Vorschläge der Bank sicherlich. Vorschnell unterschreiben aber sollte man nicht. Übrigens auch dann nicht, wenn das Finanzinstitut drängt, das Angebot gelte „nur diese Woche“. Mit nach Hause nehmen und auch mal den Rat anderer einholen und dann in Ruhe entscheiden, das ist das Beste. Dazu gehört, Zeit zu investieren und für sich zu klären, warum man einen hohen Betrag auf dem Girokonto geparkt hat. Grundlage für die Entscheidung sollten eigene Ziele, Anlagezeiträume und Risikopräferenzen sein. Eine kurzfristige Anlage, die nach ein paar Jahren zur Verfügung stehen soll, ist beispielsweise mit dem Risiko eines schwankungsanfälligen Investmentfonds nicht vereinbar. Einen ultimativen Tipp gibt es jedoch nicht.
Welche Angebote der Banken und Sparkassen sind nicht zu empfehlen?
Die richtige Wahl hängt von der persönlichen Finanzplanung ab. Aus Berichten von Verbraucher:innen wissen wir aber, dass häufig Bausparverträge, Rentenversicherungen und Investmentfonds, insbesondere Mischfonds, angeboten werden. Ob das den Bedarf im Einzelnen trifft, ist oft fragwürdig. Wer zum Beispiel in absehbarer Zeit eine große Anschaffung plant, braucht keinen Bausparvertrag mit aktuell 0,01 Prozent Guthabenzins. Abschlusskosten von einem Prozent der Bausparsumme sind bei diesem Zins erst nach ca. 100 Jahren wieder verdient. Da ist ein Tagesgeld – ohne Verwahrentgelte, aber auch ohne Verzinsung – die bessere Alternative. Auch angebotene Rentenversicherungen sind sehr kostenintensiv und gehen in der Regel am Bedarf vorbei. Über Investmentfonds kann man bei Anlagehorizonten von mindestens zehn Jahren nachdenken. Aktiv gemanagte Fonds bzw. Mischfonds sind aber auch kostenintensiv. Günstiger fährt man mit langfristigen Anlagen in weltweit investierende ETF. Sie orientieren sich an einem Index und sind daher für jedermann transparent und auch kostengünstig.
Weiterführende Links und Informationen:
Mehr zum Thema Verwahrentgelte finden Sie unter: https://www.verbraucherzentrale.nrw/suche?search_api_fulltext=Verwahrentgelte.
(Text- und Bildquelle: Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V.)