Nachdem es über Jahrzehnte keine Lösung und keine politische Einigung über ein neues Verkehrskonzept für die Harsewinkeler Innenstadt gegeben hat, haben sich die Ratsfraktionen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD zusammengesetzt, um einen gemeinsamen Vorschlag zu erarbeiten und endlich den Stein ins Rollen zu bringen. Über die Jahre wurden viele gute Ideen gesammelt, debattiert und leider auch oft blockiert. Das gemeinsame Konzept sollte die Diskussion inhaltlich neu anstoßen, um am Ende ein mehrheitsfähiges Konzept zu erhalten, das die Verkehrssituation in Harsewinkel nachhaltig verbessert. So wie es scheint, hat der Vorstoß sein Ziel nicht verfehlt. Der Stein rollt und es gibt sogar schon konkrete Ergebnisse sowie eine Mehrheit für einen Verkehrsversuch.
Zunächst lief alles etwas zäh an. Zwar kam die Diskussion bezüglich verschiedener Lösungsansätze auf Basis eines gemeinsamen Antrags von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD in Gange, aber die dem Rat im Frühsommer vorgestellten Vorschläge des Planungsbüros Bockermann stießen parteiübergreifend auf wenig Begeisterung. Die drei hier präsentierten Planungsvarianten mit Fahrradboxen, Sitzgelegenheiten, Spielgeräten sowie der Reduzierung von Parkplätzen, Straßenverengungen, Kreisverkehren und Einbahnstraßenregelungen fanden keine Mehrheit. Man verständigte sich darauf, zunächst mithilfe einer öffentlichen Informationsveranstaltung zum Verkehrskonzept die Meinung der Bürgerinnen und Bürger einzuholen. So konnten neben Vertretern der Kommunalpolitik, der Freiwilligen Feuerwehr, der Stadtverwaltung und der Werbegemeinschaft auch zahlreiche Anwohner, Geschäftsleute und Anlieger ihre Ideen, Wünsche, Bedenken und Ansichten äußern und sich einen Überblick über die verschiedenen Vorschlagsvarianten verschaffen.
Während der Diskussion und des anschließenden Rundgangs durch die Stadt wurde schnell klar, dass die Vorschlagsvarianten noch einmal stark nachgebessert werden müssen. Vor allem im Hinblick auf die vorgeschlagene Reduzierung der aktuell 417 vorhandenen Parkplätze um 18 Prozent bzw. 73 Stellplätze wurde bei fast allen Anwesenden Kritik laut. Florian Hinney (SPD), Janosch Linden (Grüne) und Andreas Hanhart (FDP) brachten erneut das von den drei Fraktionen gemeinsam entwickelte Verkehrskonzept mit Einbahnstraßensystem, Fahrradzone und der hierbei auch bereits berücksichtigten Anregungen von einzelnen Einzelhändlern und Anwohnern ins Gespräch. Die drei Ratsmitglieder äußerten sich nach Meinung der meisten Anwesenden zurecht kritisch darüber, dass weder Planungsbüro noch Stadtverwaltung dieses Verkehrskonzept in den vorgeschlagenen Varianten berücksichtigt haben.
Die Kritik wurde angenommen. Tessa Grohmann vom Planungsbüro Bockermann berücksichtigte die eingebrachten Ideen und präsentierte dem Planungs- und Bauausschuss nach wenigen Wochen eine überarbeitete Variante. Diese fand mehrheitlich Zustimmung und soll nun in einer einjährigen Testphase erprobt werden. Das Verkehrskonzept ist aber damit nicht in Stein gemeißelt. Ergänzungen und Anpassungen sind bei Bedarf jederzeit möglich und für eine Dauerlösung werden alle aus dieser Testphase resultierenden Erkenntnisse berücksichtigt und erneut beraten.
Das Verkehrskonzept für die Testphase beinhaltet im Kern u. a. Einbahnstraßenregelungen für die Münsterstraße, die August-Claas-Straße und Brentrups Garten sowie ein während der Hauptstoßzeiten geltendes Einfahrtsverbot für die Straße Am Pfingstknapp. Dieses soll montags bis freitags von 7:40 bis 8 Uhr Elterntaxis verhindern und für mehr Sicherheit im Schulbereich sorgen. Diese Maßnahme wird durch Bring- und Haltezonen an der Münsterstraße unterstützt und darüber hinaus soll der gesamte Innenstadtbereich testweise zur Fahrradzone werden.
Wann der von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD angestoßene Verkehrsversuch starten wird, ist noch nicht ganz klar, aber man darf davon ausgehen, dass es jetzt relativ schnell gehen wird. Das bereits vom Kreis Gütersloh umgesetzte absolute Halteverbot an der Dr.-Pieke-Straße hilft aktuell bereits immens dabei, die Verkehrssituation in der Innenstadt zu entzerren und diesen Teilbereich für alle Verkehrsteilnehmer sicherer zu machen. In Bezug auf die übrigen neuralgischen Verkehrspunkte in der Mähdrescherstadt lässt diese gut funktionierende Maßnahme alle Verkehrsteilnehmer hoffnungsvoll auf die anstehende Testphase blicken.